Lebenszeichen

Große Kulleraugen schauen mich verdattert an und verheißen neues Leben. Sie in Weiß, er mit Blumennadel, liebevoll umschlungen berichten von einem Höhepunkt. Vater, Mutter, Kind strahlen vom Sofa aus in die Kamera und wünschen „Frohe Weihnachten“. Zahlreiche solcher Karten schmücken meine große Tafelwand, verleihen ihr Farbe und verheißen pures Lebensglück. Und ich bade täglich darin. Ein Blick genügt.

Ein zweiter Blick macht mir jedoch schmerzlich bewusst, dass viele meiner Herzensmenschen an der Wand fehlen: die Singles und Kinderlosen. Die, deren Kinder schon aus dem Haus sind und die Pensionierten. Die, die ihre Karriere ins Lebenszentrum rücken.

Karten über Hochzeiten und neue Erdenbürger sind Botschaften von emotionalen Höhepunkten im Leben und ich möchte diese immer feiern. Zugleich bietet das Leben uns viel mehr und auch diese Facetten möchte ich bejubeln und damit wertschätzen. Welcher Botschaft puren Lebens könnten Sie gerade eine Briefmarke aufdrücken und aussenden? Ein Foto mit dem ersten großen Eisbecher des Jahres. Ein Selfie mit der neuen Liebe, in der zweiten Lebenshälfte entdeckt. Ein selbstbewusstes Bild am neuen Schreibtisch nach einer Beförderung. Auf dem Gipfel nach einer lang geplanten Bergtour. Der Schnappschuss auf der heimischen Couch, den Lieblingssnack in der Hand drückt aus: Ich lasse es mir gut gehen.

Mit jeder Karte wird meine Wand bunter, lebendiger, diverser. Sie zeigt das Leben in allen Farben. Sie versammelt Lebenszeichen aus aller Welt. Und sie sagt mir: Wo immer ich im Leben stehe und wohin auch immer ich unterwegs bin – es ist gut.

von Luise Binder, Freie Journalistin – mit Stift und Stimme

 

Foto: Hans-Jörg Otto (fundus-medien)

Wir haben uns getraut

Sie haben sich getraut. Glücklich strahlt das Hochzeitspaar nach dem Traugottesdienst. Vor Gott und den Menschen haben sie ein großes Versprechen abgelegt. Ein starkes Zeichen. In den Gesprächen danach ist zu spüren, dass die Menschen berührt sind. Die Reaktionen sind ganz unterschiedlich. Die Freundin der Braut ist ganz erfüllt: das will ich auch erleben! Einer winkt ab, hat eine gescheiterte Ehe hinter sich und wünscht den beiden mehr Glück. Eine andere hat gar beschlossen: für mich kommt Ehe nicht in Frage. Woher also den Mut nehmen für so eine große Entscheidung?

Ja, mit Gottes Hilfe – haben sie gesagt. Und das war nicht einfach ein Spruch. In den Treffen vor der Trauung haben wir intensiv erarbeitet, wie eine Ehe gelingen kann. Die beiden sind realistisch: das wird unseren ganzen gemeinsamen Einsatz fordern. Der Alltag frisst liebevolle Gefühle so schnell auf. Da ist es wichtig zu wissen, unsere Liebe ist zuerst eine Entscheidung. Jeden Tag neu ein Ja, das unsere Liebe trägt. Ängste und Zweifel haben wir thematisiert. Garantien gibt es keine. Das Paar brachte es so auf den Punkt: Wir brauchen die Unterstützung von Freunden und Familie. Und wir brauchen die Hilfe Gottes. Wenn unser Ja zueinander, getragen ist von dem großen Ja Gottes zu uns, dann stärkt das unser Vertrauen und gibt uns den Mut zu sagen: wir trauen uns. Herzlichen Glückwunsch!

von
André Krause, Pastor der Evangelisch-Freikirchliche Gemeinde (Baptisten) Leipzig
a.krause@baptisten-leipzig.de

 

Foto: Peter Bongard (fundus-medien)