Wer regiert?
Anna-Maria Busch von guten Mächten
Rück- und Vorausschau steht in diesen Tagen zwischen den Jahren an. Wie schauen Sie auf dieses zurückliegende Jahr, das mit den Veröffentlichungen zu „Potsdam“ begann und mit der Vertrauensfrage und dem Suchen nach konsensfähigen Mehrheiten endet?
Es gibt gerade sehr viel, was gesellschaftliche Gewissheiten und unseren Zusammenhalt auf die Probe stellt. Ganz unweigerlich stellt sich die Frage, wer regiert: die Angst oder das Vertrauen, unser Miteinander gemeinsam gestalten zu können?
Das ist eine persönliche Frage und zugleich eine gemeinschaftliche.
Mir tut es gut, wenn ich mich an das Vertrauen, das andere in viel herausfordernden Situationen hatten, anlehnen kann. Und an ihren Mut, nicht zuletzt durch Wahrhaftigkeit und Klarheit gegen Menschenverachtung Verantwortung zu übernehmen.
Einer von denen, an die mich anlehne, ist Dietrich Bonhoeffer. Er hat im Dezember 1944 ein Gedicht an seine Liebsten geschrieben. Da saß er bereits im Gestapo-Gefängnis. Er wurde am 9. April 1945 im KZ-Flossenbürg hingerichtet.
Bonhoeffer schrieb in der Einsamkeit seiner Zelle und mit der zunehmenden Ahnung dessen, was auf ihn zukommt, die Zeilen jenes Liedes, das wir am Silvesterabend so oft in den Kirchen singen. Es erzählt vom Vertrauen, das über alle Angst vor dem, was wir zu verlieren fürchten, erhaben ist.
Von guten Mächten wunderbar geborgen,
erwarten wir getrost, was kommen mag.
Gott ist bei uns am Abend und am Morgen
und ganz gewiss an jedem neuen Tag.
Mit diesen Worten wünsche ich Ihnen einen gesegneten und vertrauensvollen Übergang ins neue Jahr.
Anna-Maria Busch, Stadtjugendpfarrerin Leipzig
Kontakt: kolumne@kirche-leipzig.de
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