Geeintes Deutschland?

Monika Lesch wünscht sich eine zukunftsfähige Gemeinschaft

Wenn ich die graphische Darstellung der Wahlergebnisse auf unserer Landeskarte betrachte, sehe ich ein geteiltes Deutschland. Eine klare farbliche Trennung zieht sich an der Stelle durch das Land, an der früher die innerdeutsche Grenze verlief. So wie es sich hier darstellt, ist die Wiedervereinigung bei weitem noch nicht abgeschlossen – mit weitreichenden Auswirkungen.

Was uns Menschen landesweit eint, ist die Sehnsucht nach Gemeinschaft, Beheimatung und einer sicheren Zukunft in Frieden. Welchen Parteien wir zutrauen, dafür adäquat einzustehen, unterscheidet sich jedoch unmissverständlich. Wenig zukunftstauglich erscheinen mir Polarisierungstendenzen, welche die schon bestehenden Gräben zwischen den Menschen in diesem Land noch vertiefen.  In der nächsten Zeit werden allerdings große Herausforderungen auf uns zukommen, die keinen Halt vor Parteigrenzen machen und welche sich nur gemeinsam bewältigen lassen.

Bald wird es sich zeigen, welche Konkretisierungen die Wahlversprechen der letzten Wochen annehmen werden. Ich hoffe darauf und bete dafür, dass sich diejenigen Vorstellungen einer lebenswerten Zukunft durchsetzen, welche sich an den Werten Weltoffenheit, Demokratie und einer landesweiten solidarischen Gemeinschaft ausrichten.

Monika Lesch, katholische Gemeindereferentin

Kontakt: kolumne@kirche-leipzig.de

 

Foto: Pixabay

Stechend

Wolfgang Menz über eine ungewöhnliche Wutverarbeitung

Gehört hatte ich am Abend davon. Am Morgen überzeugte ich mich, dass tatsächlich alle drei Reifen des Rads zerstochen wurden. Ich kenne das behindertengerechte Dreirad und traf auch die Fahrerin davor. „Ich hätte nicht gedacht, dass sowas nun auch bei uns geschieht,“ sagte ich entrüstet. „Ich auch nicht“, erwiderte die Frau. Die Polizei sei bereits vor Ort gewesen.

Wir verabschiedeten uns. Wenige Schritte voneinander entfernt, rief sie mir nach. Da ich nicht verstand, kehrte ich um. Sie wiederholt ihr Resümee: „Vergib ihnen, denn sie wissen nicht was sie tun.“ Überraschend. Ein Jesuswort. Gesprochen über zerstochenen Fahrradreifen!

Bereits am Abend zuvor war Anzeige erstattet. Gut so. Ab da solle sich die Polizei mit der Tat und (hoffentlich) Bestrafung der Täter befassen! Die Reifen sind hinterhältig zerschlitzt. Doch meine Nachbarin scheint ihre eigenen Gedanken und Gefühle vor weiteren Stichen zu schützen. Offensichtlich soll ihr selbst die Luft zum freien Atmen nicht auch noch entweichen. Ein bemerkenswerter Selbstschutz.

Erst in Zukunft wird sich zeigen, ob das Verfahren eingestellt werden muss. Aber schon jetzt hat sich meine Nachbarin eingestellt: Gegen wütende Gedanken, die sich wie Zecken einnisten. Beißend. Nervend. Am liebsten auf Dauer.

„Da sei Gott vor“ nennt mancher diesen schützenden Abstand.

Wolfgang Menz ist Sozialpädagoge

Kontakt: kolumne@kirche-leipzig.de

 

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Mut zur Liebe!

Von Friederike Ursprung

Blumen, Herzchen-Schnickschnack und romantische Werbung machen es klar: Heute ist Valentinstag, an dem Paare besonders ihre Liebe feiern!

Neben allem Kommerz steckt dahinter die Geschichte des Priesters Valentin aus der Frühzeit des Christentums. Legenden beschreiben ihn als beliebten Seelsorger. Es heißt, er hätte geholfen, wenn jemand krank war, Trost brauchte – oder einen, der im Streit vermitteln konnte. Zusammen mit Trost, Rat und Heilung verschenkte er oft noch Blumen aus seinem Garten. Auch Liebespaare sollen zu ihm gekommen sein. Wenn sie Sorgen hatten, half er ihnen eine Lösung zu finden; und wenn sie sich Gottes Segen für ihre Liebe wünschten, traute Valentin sie nach christlichem Brauch – in einer Zeit, in der es für Christen lebensgefährlich war, ihren Glauben offen zu zeigen.

Mit den Trauungen widersetzte er sich einem Verbot des römischen Kaisers! Der fürchtete, dass Ehemänner sich nicht so gut als Soldaten eigneten. Ein Friedensbewegter wäre Valentin dann also auch gewesen: als Konsequenz aus seinem Glauben – für den er schließlich als Märtyrer umgebracht wurde.

Damit war er weit mehr als ein netter Blümchen-Onkel: Einer, der Mut hatte, Menschen und ihre Liebe zu stärken und zu unterstützen, in guten und in schlechten Zeiten! Nicht immer blumig oder romantisch, und bestimmt einen Feiertag wert – wie die Liebe selbst!

Friederike Ursprung, evangelische Kirchenredakteurin bei Radio PSR

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Efeu-Herz, Foto: Friederike Ursprung

Sehr gut!

André Krause über eine andere Seite der Zeugnisausgabe

Zeugnisse waren für mich selten ein Grund zum Feiern. Besonders in Latein und Mathe musste ich kämpfen – und eine Ehrenrunde drehen. Was sagt ein Zeugnis aus? Dass ein Schüler befriedigend oder ungenügend intelligent ist, oder fleißig oder begabt? Dabei ist allen klar, dass ein Leben nicht auf eine Nummer reduziert werden kann. Dennoch vergleichen wir, messen, beurteilen und legen fest, oft mit schlimmen Folgen. Das Sorgentelefon für Kinder und Jugendliche „Nummer gegen Kummer“ läuft besonders zur Zeugnisausgabe heiß. Wie gut, dass es dort Menschen gibt, die zuhören.

Die ersten Seiten der Bibel erzählen, dass Gott auch ein Zeugnis ausstellt. „Sehr gut!“ – so benotet er seine Schöpfung mit all ihrer Vielfalt und besonders den Menschen. Mich berührt das: über jedem Leben steht ein bedingungsloses „Sehr gut!“ des Himmels. Ein Menschenbild, das unsere Gesellschaft heilen kann und einen neuen Blick füreinander eröffnet.

Wie wäre eine alternative Art der Zeugnisausgabe? Mit Fächern wie: Zuhören, Trösten, jemanden zum Lachen bringen, Kuchen backen. Viele Klassenlehrerinnen und -lehrer stellen zusätzlich ein persönliches Zeugnis aus, das den Kindern zuspricht: Du bist wertvoll! Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt.

Wenn in diesen Tagen Kinder und Enkel ihre Zeugnisse zeigen – stolz oder unsicher – dann ist es unsere Aufgabe, sie an die eine Note zu erinnern, die über ihrem Leben steht: Sehr gut!

André Krause ist Pastor der Evangelisch-Freikirchlichen Gemeinde (Baptisten) Leipzig

Kontakt: kolumne@kirche-leipzig.de

 

Foto: Lehmann (gemeindebrief.evangelisch.de)