Leitkultur

Wolfgang Menz und sein Erlebnis mit Leitkultur

Mit seinem Sohn steht ein Kunde neben unserer Kassenschlange. „Salem Aleikum“ höre ich ihn grüßen. Ein Mitarbeiter erwidert: „Guten Morgen“. Dann schauen beide gemeinsam auf einen Bon. Der Kunde erklärt: „Meine Frau und ich haben hier heute Morgen eingekauft. Zu Hause kontrollierte ich den Kassenzettel.“ Er weist mit dem Finger auf eine Zahl: „Da ist ein Fehler. Die Kassiererin von heute Morgen finde ich nicht mehr.“

Ich bin gespannt, was sein Anliegen sein wird. Denn ein Schild an vielen Kassen weist darauf hin, dass spätere Reklamationen nicht anerkannt werden. „Hier steht nur eine Flasche Sonnenblumenöl. Ich aber habe neun Flaschen gekauft.“ „Das ist aber lieb“, sagt der Verkaufsleiter, holt sich eine Musterflasche, tippt eine acht in die Kasse und nimmt 11,92 Euro entgegen.

Währenddessen blicken der Junge und ich uns an. Er kommentiert daraufhin den Vorgang: „Das ist unsere Religion.“ Gerne hätte ich erwidert: „Das ist in unserer Religion nicht anders.“

Mit den Beiden wäre anschließend vielleicht eine Diskussion über Leitkultur möglich gewesen. Doch nun war ich bis an die Kasse vorgerückt. Wahrscheinlich hätten sie sich mit dem Wort „Leitkultur“, und dem, was sich für manchen dahinter verbirgt, auch gar nicht beschäftigen wollen.

Wolfgang Menz ist Sozialpädagoge

Kontakt: kolumne@kirche-leipzig.de

Leitplanke, Foto: Pixabay

Dazu gehören gehört dazu!

Von Friederike Ursprung

Wer oder was gehört dazu? Oder nicht? Immer wieder ist das ein heiß diskutiertes Thema: Was brauchen Kinder, um in Kita und Schule dazu zu gehören? Und Erwachsene in Beruf und Gesellschaft?
Und auch: Was gehört zu Deutschland dazu, und zu seiner Kultur?

Zu den wichtigen Grundlagen dieser Kultur gehört die Bibel. Und die spricht viel vom Dazugehören – oft überraschend: Da wird der Brudermörder Kain zum Gründer einer großen Stadt. Da gehören alle noch so lästigen Tiere auf Noahs Arche. Die Ausländerin Ruth wird zur Stamm-Mutter eines Königsgeschlechts.

In vielen Geschichten von Jesus gehören die dazu, die sonst ausgeschlossen sind: Den Aussätzigen hilft er, die Isolation ihrer Krankheit zu überwinden. Den Armen, Kranken, Schwachen wendet er sich zu, auch den kleinen Kindern. Er isst zusammen mit Frauen von zweifelhaftem Ruf, mit korrupten Steuereinnehmern; manche beruft er zu Jüngern. Immer wieder sucht er nach denen, die auf Irrwegen verloren gehen und Fehler in ihrem Leben bereuen, so dass sie umkehren und neu anfangen können. Er hilft auch denen, die außerhalb der geografischen und religiösen Grenzen seines jüdischen Volkes leben – und erklärt sie zu Vorbildern.

Verbreitet meine Botschaft an alle Völker!, sagt er zum Abschied. Das haben Christen seither getan. Und ein Kern dieser Botschaft heißt: Dazugehören gehört dazu!

Friederike Ursprung, evangelische Kirchenredakteurin bei Radio PSR
Kontakt: kolumne@kirche-leipzig.de

 

Hände halten rote Äpfel, Foto: Luca Peter (fundus-medien)

Mit anderen Augen

André Krause über unverhoffte Hilfe, wenn kein Ausweg in Sicht ist

Sein Blindenstock fällt mir sofort ins Auge. Ein älterer Herr wartet an der Ersatzhaltestelle am Straßenrand auf den Bus. Hier gibt es kein Blindenleitsystem auf dem Boden, an dem sich der Mann orientieren könnte. Der Bus hält vor ihm an. Er versucht tastend an einer Stelle einzusteigen, wo gar keine Tür ist. Alle anderen sind schon längst im Bus. In diesem Moment zupft ihn ein kleiner Junge mit Schulranzen am Ärmel und zieht ihn ein Stück auf die Seite. Dorthin, wo die offene Tür ist. Beide steigen ein und der Bus fährt ab.

Die Szene hat nicht einmal zwei Minuten gedauert und doch geht sie mir lange nach. Die Hilflosigkeit des blinden Mannes bewegt mich. Wie ihn die Umstände an der Haltestelle behindern. Der kleine Junge begeistert mich. Aufmerksam und mutig erfasst er die Situation und tut genau das richtige. Ein echtes Vorbild.

Mich erinnert die Szene an einen Bibelvers: Ich will dich unterweisen und dir den Weg zeigen, den du gehen sollst; ich will dich mit meinen Augen leiten. (Psalm 32 Vers 8). Ich finde mich darin wieder:  Manchmal bin ich wie blind, finde den Zugang nicht oder verlasse den richtigen Weg. Es tröstet mich zu lesen: Gott will, dass ich ans Ziel komme. Wenn meine Augen versagen, wollen seine Augen die Führung übernehmen. Er ist da und will mich dorthin lenken, wo eine offene Tür ist. Und ich ahne, manchmal tut er das durch ein Kind. Gott sei Dank!

André Krause ist Pastor der Evangelisch-Freikirchlichen Gemeinde (Baptisten) Leipzig

Kontakt: kolumne@kirche-leipzig.de

 

Foto: Lutz Neumeier (fundus-medien)

Die Versuchung des Hirten

Von Gregor Heidbrink

„Der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe…“, sagt Jesus.

„Aber, Jesus“, sagt der Teufel, „was kostet schon ein Schaf? 50 bis 100 je nach Rasse. Willst du dafür sterben?“

„Ich meine ja nicht wirklich Schafe, sondern Menschen. Es geht um ihre Erlösung!“

„Für Menschen leiden? Auch der Preis ist zu hoch. Da stell ich dir lieber ratzfatz ein paar neue hin. Ich biete… Sag, machst du einen Unterschied zwischen Rassen?“

„Nein, mache ich nicht.“

„Also gut“, sagt der Teufel, „dann mache ich Dir das Stück für 60. 8,3 Milliarden Menschen kosten 498.000.000.000. Weniger als ein Sondervermögen. Für einen Gott wie dich ist das ein Klacks. Dafür kriegst du eine komplett neue Menschheit. Die Menschen, die ich mache, kommen ohne freien Willen. Einheitsgröße. Von Natur aus gut und leistungsfähig. Die fressen Dir nicht den Planeten leer. Kein Böses mehr dank Gentechnik. Greif zu, so billig kriegst du es nicht wieder.“

„Nein danke“, sagt Jesus, „dir fehlt der Blick für den Einzelnen. Und ich stehe nicht auf Einheitsgröße. Mann oder Frau, Kind oder Rentner. Marathon oder pflegebedürftig. Keiner ist mir zu teuer. Sie sollen alle hören, dass sie es mir wert sind. Ich werde gehen und rufe sie zu mir. Denn ich bin nicht einfach nur irgendein Gott, ein König oder höheres Prinzip. Ich bin“, sagt Jesus, „ein Hirte.“

 

Gregor Heidbrink, Missionsdirektor des Diakonischen Werkes Innere Mission Leipzig e.V.

Kontakt: kolumne@kirche-leipzig.de

 

Schafherde und Schäfer, Foto: Christian Schauderna (fundus-medien)

Blühen, wachsen, Früchte tragen

Von Friederike Ursprung

Es knospt und wächst und blüht: In Beeten, auf Balkons, an Bäumen …

Blätter und Blüten entfalten sich in allen Farben und Formen: Bald leuchten prächtige Rosen und Pfingstrosen, duftende Holunderblütenwolken, bunte Sommerblumen. Und das ist erst der Anfang: Früchte entwickeln sich daraus, Samen und neue Pflanzen – ganz verschiedene, mit vielfältigem Nutzen: Zum Essen, Würzen, als Heilmittel, zur Energiegewinnung, als Nahrung für große und kleine Tiere – und oft: zur Freude für die Seele!

Damit etwas wächst und blüht und Früchte trägt, kommt es – neben der Hoffnung auf passendes Wetter – oft auf gute Pflege an: aufs Gießen, Düngen, Abstützen oder Beschneiden. Und auch auf jeden eigenen kleinen Beitrag zum Natur- und Klimaschutz: zusammen können sie wirksam werden!

„Wo Gott dich hin gesät hat, da sollst du blühen“, sagt ein afrikanisches Sprichwort. Dass Menschen gute Früchte bringen sollen, ist ein Bild, das zum Beispiel Jesus in der Bibel verwendet. Oder auch: Dass aus einem kleinen Samenkorn, einem Wort oder Gedanken in Menschen etwas Großes wachsen kann: Hier dies, dort das – so wie an verschiedenen Orten verschiedene Pflanzen gut gedeihen. Und auch bei Menschen helfen Zuwendung und Pflege, dass sie aufblühen und Früchte bringen: dass aus ihnen etwas wächst, was nützt, hilft – oder einfach Freude macht!

Friederike Ursprung, evangelische Kirchenredakteurin bei Radio PSR

Kontakt: kolumne@kirche-leipzig.de

 

Blumenwiese, Foto: Friederike Ursprung