“3 = 1”

– über Steckdosen und Stromfluss –

Wie halten Sie’s mit Mehrfachsteckdosen? Aus meinem Haushalt sind sie kaum mehr wegzudenken. Sie tummeln sich inzwischen in allen Zimmern. Darunter ist eine Dreifachsteckdose, die nur funktioniert, wenn alle drei Anschlüsse belegt sind. Keine Ahnung, warum. Doch: Nur im Verbund fließt Strom. Und ich mag das Bild.

Am Sonntag feiern Christen “Trinitatis”, das Fest der Dreifaltigkeit Gottes: Gott Vater, Sohn und Heiliger Geist – drei Personen, ein Gott. Das mag schwer zu verstehen sein, aber ich ahne: Verbindungen müssen gemeinsam getragen werden und können dann ungeahnte Kräfte entwickeln. Das meint nicht nur Gott, sondern auch mich und das „Wir“, das ich mitgestalte. Denn Einheit ohne Beziehung ist leer. Beziehung ohne Unterschied ist monoton. Aber wo Verschiedenes sich in Liebe begegnet, da geschieht etwas Göttliches.

Insofern sind wir Komplizinnen, die das Gemeinsame nicht im Gleichen suchen, sondern in der Beziehung. Gerade in diesen Tagen, da am Sonntag in Leipzig die jüdische Woche beginnt, während im ganzen Land die antisemitischen Gewalttaten steigen – ein Symptom eines havarierten Beziehungsflusses.

Dabei sind Differenzen eigentlich Geschenke – und wenn ich aushalten kann, dass nicht alles glatt ist, wird es sogar tragfähiger. Aber darauf muss ich mich einlassen. Vielleicht fließt genau dann die Energie, die wir dringend brauchen. Meine Dreifachsteckdose macht es schonmal vor.

Sebastian Schirmer ist Evangelischer Pfarrer im Leipziger Südosten
Kontakt: kolumne@kirche-leipzig.de

 

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