Mein schönstes Urlaubserlebnis
Grit Markert über Schulaufsätze, Nachbarn und neue Verwandte
Bei dieser Überschrift sehe ich mich vor der Schulbank von damals sitzen, ein bisschen kippeln und losschreiben. Was würden Sie aufschreiben von diesem Sommer? Waren Sie unterwegs in Deutschland oder in der Ferne? Erinnern Sie sich an eine besondere Begegnung, einen faszinierenden Naturmoment? Oder haben Sie Ihren Garten genossen, wenn es nicht geregnet hat, mit der Rosenpracht in diesem Jahr?
Ich war im August in Albanien. Bin in den Bergen umhergestiegen. War in einer alten Stadt, Berat. Dort gibt es ein kleines Museum, das etwas ganz Besonderes zu erzählen hat. Im II. Weltkrieg 1943, während der Besatzung durch die deutsche Wehrmacht, haben hier in Berat christliche und muslimische Nachbarn 600 Juden aufgenommen und sie als Verwandte ausgegeben. Die meisten dieser jüdischen Menschen kamen aus verschiedenen Ländern, zum Beispiel Griechenland, Italien, Deutschland. Und alle, alle konnten gerettet werden. Die ganze Stadt hat mitgemacht. Und die Einwohner waren vermutlich keine besonderen Helden, vorher. Sondern Menschen wie Sie und ich.
Das hat mich umgehauen, als ich das gehört, gelesen habe. Vielleicht würde das nicht der Schulaufsatz werden „Mein schönstes Urlaubserlebnis“. Aber unbedingt „Mein beeindruckendstes Erlebnis“.
von Grit Markert, Pfarrerin im evangelisch-lutherischen Alesius-Kirchspiel im Leipziger Osten und Coach
grit.markert@evlks.de
Foto: Tobias Frick (fundus-medien)