Mit gekreuzten Daumen

Ach du lieber Gott. Der sah doch ganz gesund aus. Nun das Krankenhaus. Gerade jetzt, wer macht das denn alles weiter für ihn?

Er berichtet uns. Offen, sachlich, auch betroffen. Vor dem OP-Termin kriegt er noch alles hin. Bis jetzt hatte er immer alles unter Kontrolle. Auf ihn ist Verlass. Ein Mann, ein Wort. Chef, Familienvater, Kirchvorsteher, Christ wie ich.

Zuerst ist Schweigen im Kreis. Etwas unsicher versuchen wir angemessen zu reagieren. Wollen Anteilnahme zeigen. Dabei aber nicht den Ernst der Situation oder gar seine ganz persönliche Offenheit überfordern. Ich frage, wie aussichtsreich der Eingriff sei. Aha! Mehr fällt mir spontan nicht ein.

Am Abend nehme ich Klappkarte und Stift zur Hand. Sein Briefkasten hängt ja in der Nachbarschaft. Mit welchen Worten könnte ich glaubwürdig reagieren? „Wird schon wieder“ – nein, das wäre weit von Mitgefühl und der Diagnose entfernt. „Kopf hoch“ – das muss man diesem Mann wirklich nicht sagen. Der lässt sich nicht hängen. Ganz im Gegenteil: Er wird demnächst gehängt: An Schläuche. An den Tropf. An die Hoffnung auf einen guten Verlauf.

„Ich drück dir die Daumen“, schreib ich. Allerdings „mit gekreuzten Daumen“. Das ergibt sich so. Beim Beten.

von Wolfgang Menz, Sozialpädagoge
wolfgang.menz.leipzig@gmail.com

 

Foto: Hans-Georg Vorndran (fundus-medien)