nachdenkliches Mädchen

Sehr gut!

André Krause über eine andere Seite der Zeugnisausgabe

Zeugnisse waren für mich selten ein Grund zum Feiern. Besonders in Latein und Mathe musste ich kämpfen – und eine Ehrenrunde drehen. Was sagt ein Zeugnis aus? Dass ein Schüler befriedigend oder ungenügend intelligent ist, oder fleißig oder begabt? Dabei ist allen klar, dass ein Leben nicht auf eine Nummer reduziert werden kann. Dennoch vergleichen wir, messen, beurteilen und legen fest, oft mit schlimmen Folgen. Das Sorgentelefon für Kinder und Jugendliche „Nummer gegen Kummer“ läuft besonders zur Zeugnisausgabe heiß. Wie gut, dass es dort Menschen gibt, die zuhören.

Die ersten Seiten der Bibel erzählen, dass Gott auch ein Zeugnis ausstellt. „Sehr gut!“ – so benotet er seine Schöpfung mit all ihrer Vielfalt und besonders den Menschen. Mich berührt das: über jedem Leben steht ein bedingungsloses „Sehr gut!“ des Himmels. Ein Menschenbild, das unsere Gesellschaft heilen kann und einen neuen Blick füreinander eröffnet.

Wie wäre eine alternative Art der Zeugnisausgabe? Mit Fächern wie: Zuhören, Trösten, jemanden zum Lachen bringen, Kuchen backen. Viele Klassenlehrerinnen und -lehrer stellen zusätzlich ein persönliches Zeugnis aus, das den Kindern zuspricht: Du bist wertvoll! Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt.

Wenn in diesen Tagen Kinder und Enkel ihre Zeugnisse zeigen – stolz oder unsicher – dann ist es unsere Aufgabe, sie an die eine Note zu erinnern, die über ihrem Leben steht: Sehr gut!

André Krause ist Pastor der Evangelisch-Freikirchlichen Gemeinde (Baptisten) Leipzig

Kontakt: kolumne@kirche-leipzig.de

 

Foto: Lehmann (gemeindebrief.evangelisch.de)