Kind vor Fernseher

Traurige Realität

Der Gedanke zum Wochenende: Lüder Laskowski über ein schmerzhaftes Bild, andauernde Ratlosigkeit und eine hoffnungsvolle Erinnerung

Eigentlich will ich in dem Elektromarkt nur schnell Batterien zu kaufen. Erst einmal drin, muss ich doch neugierig durch die Regalreihen laufen und sehen, was es so Neues gibt. Ganz hinten dann das große Flimmern, die Abteilung mit den Fernsehern. Ich halte erschrocken an. Vor einem riesigen Bildschirm, der ihn deutlich überragt, steht ein kleiner Junge. Es läuft ein Nachrichtenbericht. Panzer rollen vorbei, Geschütze feuern, Soldaten in voller Ausrüstung stürzen mit knatternden Gewehren durch einen Graben, Trümmer rundum. Für das erstarrte Kind muss es gewesen sein, als stünde es mitten darin. Traurigkeit überrollt mich wie eine Welle. Jetzt flimmert es mir ganz real vor Augen. Nichts unterscheidet mich von diesem Jungen. Allein, dass meine Hilferufe gehört werden, kann ich hoffen. Wie in einem alten jüdischen Buch in der Bibel, in dem Gott beschworen wird: „Aber du hast das Elend unserer Väter in Ägypten angesehen und ihr Schreien am Schilfmeer erhört. Und du gabst ihnen deinen guten Geist.“ Ich gehe zu dem kleinen Mann und spreche ihn an. Dann nehme ich ihn an die Hand und führe ihn zwei Fernseher weiter. Hier läuft Spongebob Schwammkopf. Mehr kann ich nicht tun.

Lüder Laskowski, Pfarrstelle „Stadtentwicklung – Sozialraum – Öffentlichkeit“
kolumne@kirche-leipzig.de

 

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