Was ist sicher?

Da nimmt sich einer das Leben, mit dem du am Tag vorher noch telefoniert hast.

Da erzählt dir eine junge Frau von ihrem Besuch in der Augenklinik und wie sie, nach fünf Minuten, wieder draußen ist mit der schnellen Empfehlung für eine Operation.

Da jährt sich in den nächsten Tagen der Ausbruch eines Krieges in Europa. Ich hatte vorher regelmäßig und in großer Sicherheit dankbar zum Ausdruck gebracht, dass es nun schon so viele Jahre Frieden in Europa gibt.

Was ist sicher? Ich höre diese Frage gerade von so vielen Menschen. Ja, die Krisen heute sind groß und kaum überschaubar. Ich weiß es nicht, ob die Zeiten wieder sicherer werden. Weil sie auch noch nie wirklich sicher waren? „Gib mir ein kleines bisschen Sicherheit, in einer Welt, in der nichts sicher scheint“, singt die Band Silbermond in einem Song, 2009 herausgebracht.

Manchmal, wenn ich Kinder taufen darf, sage ich diesen Satz: „Ich taufe dich auf den Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes, wie vor dir schon Millionen Menschen getauft worden sind.“ Da spüre ich ein Aufgehobensein in meinem Glauben, etwas wie Sicherheit, die nicht von dieser Welt ist. Und damit übe ich die Kunst ein, mit Unsicherheit zu leben.

Mein Übungsweg sieht so aus: Gemeinsam reden und schweigen, gemeinsam vorangehen oder auch scheitern, gemeinsam lachen oder weinen. Und ich übe und übe.

von Grit Markert, Pfarrerin im Evangelisch-Lutherischen Alesius-Kirchspiel im Leipziger Osten und Coach

 

Foto: Lotz