Guter Empfang?

Sebastian Schirmer – Evangelischer Pfarrer im Leipziger Osten – über Signale der Wahrheit

Wenn in einer vollen Kirche selbstgebaute Alu-Antennen auf der Suche nach Empfang in die Höhe gereckt werden, sieht das wohl zuerst einmal witzig aus – ein Bild, das sich nicht alle Tage bietet. Auf den zweiten Blick mischt sich vielleicht auch ein seltsamer Beigeschmack ein: Sind in dieser evangelischen Kirche denn noch Christinnen und Christen zusammen? In der Tat, so war es. Anlässlich eines Gottesdienstes zur Konfirmation waren viele Christen am vergangenen Pfingstwochenende spielerisch auf der Suche nach dem Empfang der Wahrheit. Aber mit der Wahrheit ist es so eine Sache: Menschen mit Alu-Hüten haben eine gänzlich andere Wahrheit als die, die lieber Antennen in die Sterne richten; und Menschen, die gestern das 75jährige Bestehen der Bundesrepublik feierten, eine andere, als jene, die das beargwöhnten. In einer Zeit flimmernder und flirrender Wahrheiten, ist es schwer geworden, positive Signale gut zu empfangen und gut zu deuten. Mir selbst hilft im Signalgewitter ein Bibelwort, das ich einem Konfirmanden im beschriebenen Gottesdienst zusprechen durfte: “Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen.” Ich glaube, das würde sicher helfen, wenn wir uns im Wahrheitsgewirr dennoch stets mit Liebe begegnen könnten. Und die Hoffnung, die stirbt ja bekanntlich zuletzt.

Sebastian Schirmer ist evangelischer Pfarrer in Leipzig.

Kontakt: kolumne@kirche-leipzig.de

 

Foto: Andreas Fauth (fundus-medien)